Brief an eine Lehrerin (1967) ist ein schmales kollektives Werk, das im Italien der Sechziger— und Siebzigerjahre bald zu einem Vademecum für demokratische Lehrpersonen und zu einem Manifest für die Studentenbewegung wurde. Stark durch Lorenzo Milani beeinflusst, wurde es von den Schülerinnen und Schülern in Barbiana — einem kleinen, abgelegenen Dorf nicht weit von Florenz — geschrieben. Der Brief ist eine scharfe Kritik an der damaligen elitären Pflichtschule und enthält Reformvorschläge für eine Schule, die allen gerecht wird: Sie soll nicht die Besten fördern, sondern allen das Mindestmaß an Werkzeug in die Hand geben, um Unterschiede zu beseitigen. Der junge Alexander Langer, der sich mit Milani schon über die Kriegsdienstverweigerung auseinandergesetzt und die Schule besucht hatte, erkannte sofort die außerordentliche Kraft des Briefes und übersetzte ihn 1970 ins Deutsche.
Die systemischen Herausforderungen und die Jahre der Pandemie haben die Schwachstellen der öffentlichen Schule erneut ans Licht gebracht. Der Brief und die anderen Texte — von Lorenzo Milani und Alexander Langer –, die in diesem Buch enthalten sind, bieten eine gute Gelegenheit, die Grundlagen einer demokratischen und inklusiven Schule und Gesellschaft zu überdenken.